Eine junge, bildschöne Frau lehnt unbekleidet und mit hoch verschränkten Armen an einem grob behauenen Sockel. Es scheint, die Figur entwachse aus dem Marmorblock. Dargestellt ist die berühmte griechische Hetäre Phryne aus Thespiai, die im 4. Jahrhundert v. Chr. lebte und aufgrund ihrer Schönheit und Bildung Reichtum und politischen Einfluss erlangte. Hetären waren im antiken Griechenland Liebesdienerinnen und somit Objekte der Begierde. Gleichwohl waren Hetären sozial und gesellschaftlich akzeptiert und anerkannt; so waren sie etwa als gut gebildete Gesprächspartnerinnen gern gesehene Teilnehmerinnen bei Banketten. Sie wurden hochgeschätzt und bewundert...Wegen ihres verzaubernden Aussehens gilt Phryne einerseits als Vorbild für das Gemälde "Venus Anadyomene" des Malers Apelles (um 375/370–Ende des 4. Jh. v. Chr.) und andererseits als Vorbild für die Plastik "Aphrodite von Knidos" des Bildhauers Praxiteles (um 390–um 320 v. Chr.). Nach der zeitgenössischen Auffassung war das Kultbild, das Praxiteles geschaffen hatte, Inbegriff und Vorbild aller weiblichen Schönheit. Praxiteles verband hierin die sakrale Nacktheit der Göttin Aphrodite mit seinem persönlichen erotischen Anreiz, den der weibliche Körper ausstrahlte, zumal seine Geliebte, die Hetäre Phryne, ihm Modell gestanden hatte. Anlass für dieses Bild war ein Bad der Phryne im Meer vor den Augen der Öffentlichkeit während eines Kultfestes für Poseidon...Einstweilen wurde aber der Hetäre ihr bemerkenswertes Äußeres zum Verhängnis. Sie zog großen Ärger auf sich, als sie sich mit der Liebesgöttin Aphrodite verglich, was unmittelbar eine öffentliche Klage nach sich zog. Der Schönen wurde Gottlosigkeit vorgeworfen. Von dem Verlauf der Gerichtsverhandlung existieren zwei Varianten: Einer Version zufolge soll sich Phryne, als sich ihre Verurteilung abzeichnete, die Kleider vom Leib gerissen haben. Grund dafür war, dass ihre Anmut wohl überzeugender als die Rede ihres Geliebten und Ve