Der Alltag der Gefangenen im Strafgefängnis Wolfenbüttel war streng reglementiert und mit erheblichen Einschränkungen der individuellen Freiheiten verbunden. Mit seiner Zeichnung entlarvt der Norweger Wilfred Jensenius (1911-1999), der als politischer Gefangener in Wolfenbüttel inhaftiert war, das Paradox der durch das Gefängnispersonal verordneten „Besinnlichkeit“ zu Weihnachten im Jahr 1944. Zu sehen sind "Nacht und Nebel"-Gefangene in einem Zellenblock des Hafthauses I, die auf Kommando den im Mittelgang aufgestellten Weihnachtsbaum ansehen müssen. Zu beiden Seiten des Baumes stehen bewaffnete Wachmänner in Uniform. Vor den Zellen der zum Tode Verurteilten im Erdgeschoss sind keine Gefangenen zu sehen. Bei den Inhaftierten im Vordergrund sind die für die Häftlingskleidung typischen Holzpantinen deutlich erkennbar. Festgehalten hat Wilfred Jensenius diesen Moment nach der Befreiung 1945 aus einem distanzierten Blickwinkel von schräg-oben. Die Zeichnung trägt die Bildunterschrift „´Zwei Minuten Weihnachtsbaum ansehen!` Wolfenbüttel“.
Wilfred Jensenius' Nachlass wurde der Gedenkstätte 2015 und 2017 von seiner Familie übergeben.