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Schreibkasten, qalamdân

Herzog Anton Ulrich-Museum Turcica [VO 15]
Schreibkasten, qalamdân (Herzog Anton Ulrich-Museum CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Herzog Anton Ulrich-Museum / Claus Cordes (CC BY-NC-SA)
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Beschreibung

Inv.-Nr.: VO 15

Länglich-ovaler Schreibkasten mit einem Einschub, der von der äußeren Hülle komplett abgedeckt wird, darin ein kleiner Tintenbehälter aus Messing mit einer eingetrockneten Masse. Außen auf der Vorderseite ist in einer Gartenlandschaft ein stehendes Mädchen mit einem Becher in der erhobenen linken Hand abgebildet. Der Hintergrund ist von roter Farbe, während Details und Einfassungen teilweise in Gold ausgeführt sind. Darunter, durch einen kleinen Steg getrennt, weitere Darstellungen von Flaschen, Krügen und Pflanzenmotiven. Die Seiten sind mit einem einfachen umlaufenden Blumenmotiv bemalt. Der Inneneinsatz ist außen einfarbig rot, innen einfarbig gelb. Erste Lackarbeiten lassen sich in Persien ab dem Ende des 15. Jahrhunderts nachweisen und gingen vermutlich auf chinesische Vorbilder zurück. Ein wichtiges Zentrum des Handwerks war das heute in Afghanistan gelegene Herat. Von dort ausgehend fand die Technik eine weite Verbreitung in Persien, der Türkei, in Zentralasien und Indien. Anfänglich wurden hauptsächlich Bucheinbände auf diese Weise verziert, später auch andere Gegenstände wie Spiegel, Schachteln und sogar große Architekturelemente wie Türen. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts lassen sich auch Schreibkästen nachweisen. Der früheste datierte Schreibkasten mit Lack trägt die Jahreszahl 1694/5. Im 18. und 19. Jahrhundert waren Schreibkästen die häufigsten mit Lack verzierten Gegenstände, wobei solche mit Einschub häufiger waren als solche mit Klappdeckel. Neben Rohrfedern und integriertem Tintenfass befanden sich auch andere Objekte wie Federmesser, Wetzstein, eine Papierschere und kleine Löffel zum Anrühren der Tinte mit Wasser in den Kästchen. Mit der Verwendung moderner Schreibgeräte seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die Kästen allmählich außer Gebrauch. Für die Herstellung der Kästen gab es verschiedene Methoden. Bei der gebräuchlichsten wurden Papiermaché und hölzerne Modeln für Einschub (zabānah) und Abdeckung (tablah) verwendet. Nach der Vorbereitung des Papiermaché, das aus aufgeweichtem Papier mit Bindemitteln wie Leim, Gummi, Stärke, Harz und ähnlichem bestand, wurden die Modeln mit Seife eingerieben und die Papiermasse in die ausgehöhlte Form für den Einschub gedrückt, wobei sie in regelmäßigen Abständen geglättet wurde. Für die Herstellung der Oberseite des Kastens wurde ein massives Model vollständig mit der Papiermasse bedeckt und diese ebenfalls in regelmäßigen Abständen immer wieder geglättet. Nach dem Trocknen wurde eine der Schmalseiten mit einem speziellen Messer abgeschnitten, vom Model gezogen und mit dem Einschub verleimt. Auf diese Weise wurde gewährleistet, dass Einschub und Abdeckung perfekt ineinander passten. Um ihnen einen besseren Halt zu geben, wurde die Kappe an den Seiten halbkreisförmig oder im Zickzack ausgeschnitten. Eine andere Möglichkeit die Kästchen aufzubauen bestand darin, mehrere Schichten von Papier übereinander zu verleimen. Im nächsten Arbeitsschritt wurde der Malgrund vorbereitet, indem die Oberfläche des Kastens mit verschiedenen Substanzen wie Gold, Kalk oder einer ersten Lackschicht bestrichen wurde; bei dem hier vorgestellten Kasten scheint es eine Kalkschicht zu sein. Zur Bemalung wurden Öl- und Wasserfarben verwendet, die ab ca. 1860 hauptsächlich aus Europa importiert wurden, ebenso wie das als Ausgangsmaterial dienende Papier. Die Bemalung wurde häufig von zwei Künstlern ausgeführt. Der erste bemalte die Schauseite des Kastens mit dem Hauptmotiv, der zweite den Dekor auf den Seiten. Arbeiten in Gold wurden von einem dritten Künstler ausgeführt. Tiefe erhielt die Malerei durch den in mehreren Schichten aufgetragenen Lack, der aus einem Gemisch aus (Sandarak-)Harz und Leinöl bestand. Zur Herstellung des Lacks wurde das Harz langsam in das erhitzte Öl gestreut, wobei durch die Dauer des Vorgangs die Farbgebung beeinflusst werden konnte, die von rötlich bis farblos reichte. Nach jedem Auftrag wurde die Lackschicht poliert. Weitere Effekte konnten durch das Aufstreuen von Metallsplittern oder Perlmuttstaub sowie Einlegearbeiten erzielt werden. Motive der Malerei waren Blumen, Liebespaare, Gartenszenen, Themen der Literatur, Genreszenen und einzelne Personen, häufig in antiquierter Kleidung. Im 19. Jahrhundert kamen europäische Motive und Themen hinzu. Die Kästen, die große qualitative Unterschiede aufweisen konnten, wurden von Schreibern in der Gürtelschärpe getragen. Sie hatten eine wichtige soziale Funktion und konnten auch als Ehrenzeichen gelten. So wurde zum Beispiel die Übertragung eines wichtigen Amtes bei Hof zeremoniell dadurch zum Ausdruck gebracht, dass ein Schreibkasten vor die ernannte Person gestellt wurde. (Schmitz, Claudia: Ethnographica in Braunschweig, hrsg. von Regine Marth (Sammlungskataloge des Herzog Anton Ulrich-Museums, Braunschweig; Bd. 19), Dresden 2016, S. 358, Kat. Nr. 528)

Material/Technik

Papiermaché, Papier, Messing, Gold, Lack

Maße

H 3,6 cm, B 4 cm, L 23,4 cm

Literatur

  • Claudia Schmitz (2016): Ethnographica in Braunschweig. , S. 358, Kat. Nr. 528
Herzog Anton Ulrich-Museum

Objekt aus: Herzog Anton Ulrich-Museum

Das Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig gehört zu den bedeutendsten und vielseitigsten Kunstmuseen Deutschlands. Namensgeber ist Herzog Anton...

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