Die Formschüssel zur Herstellung von Reliefkeramik ist aus diversen Gründen eine deutliche Fälschung. Innen auf dem Boden der Negativform befindet sich eine unleserliche Stempelsignatur, die an dieser Stelle überhaupt keinen Sinn macht, da bei der positiven Abformung hier der Fuß angesetzt worden wäre. Auf echten, dekorierten Formschüsseln befindet sich der Namensstempel in der Regel außen an den Friesen, in Ausnahmefällen bei den bereits ausgeformten, positiven Gefäßen manchmal auch innen auf dem Boden. Weiter spricht für die Klassifizierung dieses Stückes als Fälschung, dass die komischen Masken des Reliefdekors in der Form stark und zudem falsch retuschiert sind. Die Linie des Mundes wurde nicht vollständig durchgeführt.
Betrachtet man den Stil der Dekoration, trifft man auf einen weiteren Beleg für eine nicht antike Herstellung der Formschüssel, denn der Dekorfries ist in Stil und Repertoire keiner Werkstatt in Arezzo, wo die Hauptproduktion römischer Reliefkeramik im 1. Jahrhundert n. Chr. lag, zuzuweisen. Die komische Maske ist ein extrapoliertes Motiv der vierten und letzten Phase (um 40 n. Chr.) der Werkstatt des M. Perennius. Das Blatt unter der Maske zeigt aber ein Motiv aus der ersten Phase (Mitte des 1. Jh. n. Chr.) des Töpfers P. Cornelius. Ein derartiges vegetabilisches Motiv unter einer Maske ist aber unbekannt. Ebenso unbekannt bzw. ungewöhnlich sind die dreifachen, durchgehenden freihändig gezeichneten Girlanden. Bei der Arretina-Ware kennt man weder Obst-, Blüten- und Blättergirlanden oder Girlanden aus Stichelleisten. Auch der "Blätterkranz" unter dem Fries entspringt der Phantasie des Fälschers, wobei er durch sog. Barbotine-Dekor angeregt worden sein mag. Schließlich ist diese Formschüssel ein "Sammelsurium" an falsch interpretierten originalen Vorlagen, eine der schlechtesten Formen, die der Fälscher je hergestellt hat - und damit auf ihre Art sehr originell. (AVS)
Ehem. Sammlung Friedrich Wilhelm von Bissing, Oberaudorf