Man spricht von einer Teilkopie oder einem Konglomerat, wenn für die Gestaltung eines grundsätzlich neu entworfenen Objektes motivische Details aus älteren Vorlagen entlehnt werden. Diese Details können unter Umständen in neuartiger Weise miteinander kombiniert sein. Das Bildprogramm dieses Bechers ist eine solche Teilkopie.
Einige der Figuren auf dem Becher basieren auf Holzschnitt-Illustrationen, die in einem Band von Francesco Petrarca 1532 publiziert wurden. Der anonyme Künstler des Elfenbeinbechers hat auf die in diesem Buch erschienenen Abbildungen zu den Texten "Von der Feindschaft", "Von dem Haß des Volkes" und "Von dem belagerten Vaterland" zurückgegriffen. Alle Vorbilder wurden seitenverkehrt wiedergegeben. Dies ist an sich nich nicht ungewöhnlich und identifiziert das Objekt nicht als Fälschung. Vielmehr lassen andere Details, wie z.B. die Gesichter, den Betrachter aufmerksam werden. Nichts außer der Tracht erinnert an das 16. Jahrhundert. Vielmehr drängt sich ein Vergleich zu Darstellungen von Gesichtern aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Dieses Phänomen finden wir bei Nachahmungen oder Fälschungen, da die Künstler des 19. Jahrhunderts ihrer eigenen Zeit verbunden waren. Das gibt sich durch eingeflossene stilistische Details der eigenen Zeit bzw. des 19. Jahrhunderts zu erkennen.
Die Intention des Herstellers kann nicht eindeutig erschlossen werden. Das Stück kann sowohl, da die Vorbilder auf dem Becher verschleiert werden, als Fälschung, aber auch als Nachahmung identifiziert werden. (CC)
Ehem. Sammlung Friedrich Culemann, Hannover