Das Schwein zählt zu den ältesten domestizierten Tierarten. Primär wurde es gehalten und gezielt gezüchtet, um als Fleischlieferant die Ernährungsgrundlage für den Menschen zu erweitern. Dennoch ist das Verhältnis des Menschen zum Schwein ambivalent, was sich in manchen Kulturen und Kulten des mediterranen Raumes entweder in tabuisierenden Vorschriften zum Verzehr oder in der rituellen Verwendung äußerte. Manchen galt es als unrein, anderen als bestimmten Göttern zugewiesenes Opfertier.
Im hellenischen Raum ist das Schwein seit dem Neolithikum, also dem Zeitraum als seine Domestikation begann, in kultisch-rituellen Kontexten belegt und wird besonders mit Fruchtbarkeitskulten in Zusammenhang gebracht.
Sein Bezug zu Göttinnen, die für Fertilität und Reproduktion stehen, belegen nicht nur archäologische bzw. archäozoologische Befunde in Demeter- oder Aphrodite-Heiligtümern. Auch literarische Zeugnisse berichten über spezielle Kult- und Opferhandlungen (Athenaios, Deipnosophistai 111, 95 f.), z.B. das Eid- und Sühneopfer.
Besonders aber im Demeter- und Kore-Kult spielt das Schwein eine besondere Rolle. Den Göttinnen wurden nicht nur junge Ferkel dargebracht, sondern auch Figuren in Form von Schweinen geweiht. Das Ferkelopfer an Demeter als Fruchtbarkeitsgöttin und Beschützerin der Ehe lässt sich zusätzlich durch einen besonderen Aspekt erklären: Das griechische Wort 'choiros'. Es bedeutet nicht nur 'junges Schwein' (= Ferkel), sondern auch 'Vulva eines Mädchens'. Die Ferkelopfer und Votivgaben in Schweinform verweisen u.a. auf den Brauch junger heiratsfähiger Mädchen vor ihrer Hochzeit, um die Gunst der für diesen Aspekt zuständigen Göttin bitten.
Diese Votivfigur wurde in Anlehnung an rhodische Vorbilder geschaffen. (AVS)
Ehem. Sammlung Erhart Kästner, Wolfenbüttel
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