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Museum August Kestner Tesserae Nummulariae

Tesserae Nummulariae

Über die Sammlung

Ein besonderer Typus unter den Tesseren stellen die sog. "tesserae nummulariae" dar. Diese länglichen, vierkantigen Stäbchen haben der Forschung lange Zeit Fragen zu ihrer Verwendung aufgegeben und wurden zunächst mit den römischen Gladiatoren in Verbindung gebracht. Daher rührte auch die zunächst gebräuchliche Benennung als „tessera gladiatoriae“. Diese Zuschreibung hielt sich einige Zeit in der Forschung bis Rudolf Herzog 1919 eine neue, grundsätzlich andere Interpretation vorstellte. Er ordnete die Tesseren nicht den Gladiatoren zu, sondern dem Finanzbereich.
Ausschlaggebend für diese Neuinterpretation war eine Tessera aus Ostra auf der, der Vermerk "Sp. Num." zu lesen war. Herzog löste dies als „spectavit nummos“ auf und ordnete die Tesseren damit der Münzprüfung zu. Diese wurde von sogenannten argentarii und nummularii vorgenommen, deren Aufgabe es war, so Herzogs These, die Qualität und Echtheit von Münzen zu prüfen. Die Tessera diene also als urkundlicher Beweis für eine abgeschlossene Münzprüfung. Auf den Tesseren finden sich daher in der Regel folgende Informationen: a) der Name des Kontrolleurs, b) der Name des Auftraggebers, Vorgesetzten oder Besitzers, wenn der Kontrolleur ein Sklave ist, c) der Vermerk "beschaut" (SP für spectavit) mit dem Datum sowie d) die Nennung des Jahres nach dem jeweiligen Konsul.

Neuere archäologische Grabungen haben weitere Tesseren auch außerhalb von Italien zu Tage gebracht, die sich in ihrer Erscheinungsform aber teilweise sehr stark von den von Herzog untersuchten unterscheiden. Auf den Funden vom Magdalensberg (Kärnten) fehlte der Prüfungsvermerk und das Datum, während Funde in Rumänien nur noch zwei- statt vierseitig sind. Trotzdem weisen alle Funde die Öse an einem Ende auf, was darauf hindeutet, dass auch sie als Etikett genutzt wurden und vermutlich auch dem Finanzbereich zugeordnet werden können. Weitere literarische Quellen, die auch Herzog für seinen Aufsatz nutzte, geben Aufschluss darüber, dass die Geschäfte der argentarii und nummularaii fester Bestandteil des römischen Alltagslebens waren. Der antike Komödiendichter Plautus beispielsweise ärgerte sich in seiner Komödie "Persa" über die Geldwechsler, die nachdem man ihnen Geld gibt, in Windeseile vom Markt fliehen.
Aus juristischen Dokumenten wie dem Corpus Iuris Civilis lässt sich entnehmen, dass die argentarii und nummularii vielfältige Aufgaben wahrnahmen, zum Beispiel Geldwechsel, Depots, Kreditgeschäfte etc. In der ein oder anderen Form scheint es bei diesen verschiedenen Aufgaben immer eine Form der Dokumentation gegeben haben. Ob und wie dabei die Tesseren zum Einsatz kamen, lässt sich nur mutmaßen, dass es keine Überlieferung über den Einsatz der Objekte gibt. Herzogs These, dass mit den Tesseren die Münzsäcke verschlossen wurden, bleibt aufgrund des Fehlens an archäologischen oder literarischen Beweisen eine Vermutung. Die genaue Feststellung ihrer Verwendung steht damit noch aus und wird die Forschung auch in Zukunft noch beschäftigen. (LC)

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Tesseren [18]

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